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Michael Heger
Montag, 10. Februar 2020 (13:49)

Tourismusentwicklung 2019

Es gibt Menschen, die Zahlen lieben. Die in Kennziffern und Daten schwelgen und sofort anfangen zu rechnen, zu vergleichen und neue Zahlen ins Verhältnis zu setzen, sobald sie des Zahlenmaterials habhaft werden. Unter bayerischen Touristikern bricht regelmäßig ab Februar ein Fieber aus, das nur durch eine Mail aus Schweinfurt kuriert werden kann. Denn dort befindet sich das Statistische Landesamt und die Kollegin dort verschickt in der zweiten Februarwoche die Dezemberzahlen des Vorjahres und vollendet damit statistisch gesehen das jeweilige Jahr. So wissen wir nun, dass mit Ablauf des Jahres 2019 die Übernachtungszahlen im Vergleich zum Jahre der Ernennung zum Weltkulturerbe endgültig den dreifachen Wert erreicht haben. Auf diese lange Zeit gesehen also eine respektable Entwicklung. 1993 waren es 250.000 Übernachtungen, 2019 haben wir 753.220 Übernachtungen erreicht. Wenn man bedenkt, dass sich die Zahl der Städtereisen weltweit allein seit 2007 verdreifacht hat, also in nur der Hälfte der Zeit, merkt man, dass wir in Bamberg doch immer noch ein wenig gemächlicher unterwegs sind, als es der weltweite Trend vorgibt. Dennoch ist auch diese Steigerung der Übernachtungen weiter immens, auch wenn man darauf hinweisen kann, dass die Übernachtungsgäste ja die sind, die wir erreichen wollen. Das Plus von + 6,4 % lässt sich natürlich auch zu einem großen Teil auf die Eröffnung neuer Hotels zurückführen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer tritt mit 1,8 Nächten pro Person auf der Stelle und verharrt standhaft im bundesweiten Schnitt des Städtetourismus. Herausragend hingegen ist die Bettenauslastung. Sie ist trotz des Anstiegs der Gesamtbettenzahl auf 3.875 Betten weiter gestiegen und liegt mittlerweile bei 51,8 %. Wenn man bedenkt, dass hier tatsächlich die belegten Betten gezählt werden und nicht belegte Zimmer, kann man nachvollziehen, was dieser Wert bei dem größtenteils vorherrschenden Besatz mit Doppelzimmern tatsächlich für die Hotelauslastung bedeutet. Das von der Stadt initiierte Hotelentwicklungskonzept soll im Laufe des Jahres 2020 Aufschluss darüber geben, wie und bis wohin sich die Hotellandschaft in Bamberg weiter entwickeln soll.

Bei der Frage, woher unsere Gäste kommen, lässt sich feststellen, dass wir stark vom Trend der Inlandsreisen profitieren, denn insgesamt hat sich der Anteil der Deutschen weiter verstärkt und liegt mittlerweile bei 84,8 %. Die Lust auf Urlaub im eigenen Land hält also an. Bei den ausländischen Gästen haben erstmals seit vielen Jahrzehnten die US-Amerikaner ihren ersten Platz räumen müssen, zugunsten unserer Nachbarn, den Österreichern. Mit insgesamt 11.257 Übernachtungen liegen sie vorne, die Amerikaner sind mit 10.846 Übernachtungen nur knapp dahinter, gefolgt von den Niederländern (9.563), Schweizern (9.461) und Italienern (8.346).

Das soll es aber auch schon gewesen sein mit den Zahlen.

Ich war gerade auf dem Tourismustag in Potsdam, wo ich zum Verhältnis Bewohner-Besucher in Bamberg referiert habe und einen Einblick in unsere Gemengelage der Meinungen und Stimmungen in der Stadt gegeben habe. Es fasziniert mich immer wieder, zu erfahren, wie wenig unsere Sorgen andernorts Thema sind. Also so gar nicht. Und wie sehr man sich andernorts über ein großes Plus freut. Stadtweit. Und das in durchaus touristisch frequentierten Orten! Potsdam zum Beispiel ist ja keine kleine Nummer, touristisch gesehen.

 Tourismusverträglichkeit

Die Beachtung der Tourismusverträglichkeit ist eine Konstante in der touristischen Arbeit des BAMBERG Tourismus & Kongress Service (TKS) geworden, so auch 2019. Bei allen neuen Maßnahmen oder Angeboten werden die Auswirkungen auf das Stadtleben und die örtliche Bevölkerung im Voraus mit bedacht. Für den gemeinen Touristiker ist das ein ziemlicher Spagat, denn eigentlich ist er dazu da, so vielen Menschen wie möglich die eigene Stadt so schmackhaft wie möglich zu machen, und das vorwiegend mit genau den Sachen, die sich gut verkaufen lassen – Gewinnmaximierung heißt das in business-Sprech. Aber da machen wir schon lange nicht mehr mit. 2019 markiert auch das erste Jahr, in dem wir einem Kooperationspartner die Nase vor der Tür zugemacht haben, weil er sich nicht an unsere Richtlinien für verträglichen Tourismus gehalten hat. Deswegen gibt es das Angebot wohl weiter – wir sind ein freies Land mit Gewerbefreiheit – aber wir müssen und wir wollen nicht alles vermarkten, was am Markt läuft, wenn es unserer Vorstellung von Verträglichkeit zuwiderläuft. Diesen Weg wollen wir weiter beschreiten und noch stärker in die Stadt hineinhorchen und unsere Ziele mit den Empfindungen der Bevölkerung abgleichen. Marc Redepenning von der Uni Bamberg hat das auf dem Overtourism-Symposium im November 2019 so treffend die „Toleranzmentalität lokaler Nachbarschaften“ genannt, ein guter Begriff, der deutlich macht, dass beides beachtet werden muss, die gefühlte Belastung und die tatsächliche Belastung. Deswegen sind mir die Zahlen gar nicht so wichtig. Die bringen nur zum Ausdruck, dass Bamberg weiterhin attraktiv ist, dass unsere Gäste nach wie vor gerne kommen und hier immer noch auf eine offene Willkommenskultur treffen. Das freut uns auch. Wäre es anders, müssten wir unsere Arbeit auch hinterfragen. Und es ist gut für die Wirtschaft – mit über 330 Millionen Euro Bruttoumsatz (auf Basis der 2017er Zahlen!) in der Stadt alleine trägt der Tourismus nach wie vor heftig zu einer starken Stadt bei und unterstützt das Gastgewerbe, den Einzelhandel und den Dienstleistungssektor in hohem Maße und sichert dabei viele nicht exportierbare Arbeitsplätze in der Stadt. In Zeiten wirtschaftlichen Umbruchs und verschärfter Standortkonkurrenz ein bei allen Nebeneffekten nicht zu unterschätzender verlässlicher Wirtschaftsfaktor für unsere Stadt.

Hier können Sie den aktuellen Bamberger Jahresbericht 2019 herunterladen!

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