Bamberg – Welterbe und Tourismus

Die Ernennung Bambergs zum Welterbe vor 30 Jahren war heuer Anlass für etliche Veranstaltungen und den großen schönen Festakt in der Konzerthalle am Jahrestag 11.12. selbst. Auch die Redaktion des Fränkischen Tages hat dieses Jubiläum zum Anlass genommen, in einer kleinen Reihe von Interviews und Artikeln auf die Auswirkungen des Welterbetitels auf Bamberg einzugehen, verbunden mit der auf den Tourismus bezogenen Frage nach möglichen Kipp-Punkten und Eintrittsgeldern für die Altstadt. In diesem Rahmen lieferte ich eine kleine Replik zu mit einer Zusammenfassung unserer Sicht der Dinge. Da sie, wie ich meine, unsere Haltung zum Themenkomplex Tourismusverträglichkeit mal wieder ganz gut zusammenfasst, möchte ich dieses Papier – leicht überarbeitet und ergänzt – hier öffentlich kundtun, gerne auch zur Diskussion stellen:

Der Tourismus tut Bamberg gut! Gäste aus aller Welt beeinflussen die Stadt und ihre Entwicklung positiv. Davon sind wir überzeugt.

Deswegen reden wir die Probleme, die Tourismus in Städten durchaus aufwirft, nicht klein, aber wir plädieren dafür, die Öffnung einer Stadt für Besucherinnen und Besucher in erster Linie als das zu sehen, was es auch ist: Eine Belebung der Stadt, ein Förderprogramm für Kultur, eine Lebensversicherung für Einzelhandel und Gastronomie und der Garant für eine Freizeit-Infrastruktur, die von Allen genutzt wird.  

Wir alle kennen Städte, denen zuerst der attraktive Einzelhandel und dann die gastronomische Vielfalt abhanden kommen, und schließlich die Kulturlandschaft verödet. Dass dies in Bamberg nicht geschieht, ist auch den Gästen aus Deutschland und aller Welt zu verdanken. Immerhin trägt der Tourismus mit einem Bruttoumsatz von 340 Millionen Euro erhebliche Wertschöpfung in die Stadt. Und das kommt nicht nur der Hotellerie und Gastronomie und dem Einzelhandel zugute, sondern auch lokalen Handwerksbetrieben, den Kulturanbietern, den Bamberger Gärtnern, Bäckereien, Dienstleistern und vielen Zulieferern mehr. Corona hat doch gezeigt, dass die genau gleiche Infrastruktur, wie sie die Gäste dieser Stadt genießen, auch von den Bambergern und Bambergerinnen heiß und innig geliebt werden. Neben der Uni mit ihren vielen Studierenden, die die Stadt immer jung und in Bewegung halten, und den vielen engagierten Bambergern und Bambergerinnen, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz die Schönheit der Stadt stets erneuern und in ihre Häuser investieren wie einst nur die Fürstbischöfe, ist es also auch der Tourismus, der dieser Stadt Gutes bringt!

Der Tourismus in Bamberg und auch im Bamberger Land profitiert seit der Ernennung zum Welterbe 1993 sehr stark von dem Effekt, dass die Menschen aus aller Welt einen Welterbetitel auch als Auszeichnung für etwas Bedeutsames anerkennen, das man unbedingt einmal gesehen haben muss. So gibt die „Faszination Weltkulturerbe“ seitdem den Ton in der touristischen Werbung an und erzählt Gästen immer wieder die Geschichte rund um Kultur und Kunst, die wichtigen Bauten und Denkmäler und erläutert die Alleinstellungsmerkmale von Bergstadt, Inselstadt und Gärtnerstadt.

Die Zahl der Übernachtungen hat sich seit der Ernennung zum Welterbe 1993 bis heute ziemlich genau verdreifacht, allerdings von einem niedrigen Ausgangsniveau. Bamberg war erst wenige Jahre zuvor von einem inner(west)deutschen Randgebiet zu Zeiten des Eisernen Vorhangs in den Mittelpunkt Deutschlands gerückt. 1993 wurden 250.000 Übernachtungen verzeichnet, 2019 – und wieder 2022 – lagen wir bei rund 750.000 Übernachtungen. Weltweit gesehen verdreifachte sich die Zahl der Städtereisen in dem weitaus kürzeren Zeitraum von 2007 bis heute, also nochmal deutlich dynamischer als in Bamberg.

Aber auch in Bamberg lässt sich ab ca. 2010 ein besonders rasanter Anstieg der Übernachtungszahlen feststellen, zum Teil durch Hotelzuwächse erklärbar, aber auch durch diesen weltweiten Trend zu Städte- und Kulturreisen und der hohen Attraktivität des Reiseziels Bamberg mit seinem Bamberger Umland. In der Folge begann der BAMBERG Tourismus & Kongress Service auch mit den ersten Maßnahmen zur Tourismusverträglichkeit, wie z.B. der Verringerung der Gruppengrößen bei Führungen, einer Diversifizierung der Wegeführungen aller Führungen, aber vor allem für Flusskreuzfahrer, einer Obergrenze für die Zahl der gleichzeitig stattfindenden öffentlichen Stadtführungen, dem Ausschluss von Junggesellenabschieden oder auch mit der Einführung eines Verträglichkeits-Codex für Erlebnisangebote, die über den TKS vermittelt werden. Infotage und die Binnenkampagne „Bamberg, da schau her“ sowie eine Bevölkerungsbefragung trugen ihren Teil dazu bei. Einen dauerhaften Beitrag leisten der sogenannte Welterbe-Euro und der Welterbe-Fünfer in Form von Spenden aus dem Umsatz der öffentlichen und der gebuchten Stadtführungen „Faszination Weltkulturerbe“, die an die Stiftung Welterbe Bamberg gehen. Seit ihrer Einführung wurden auf diesem Wege der Stiftung schon mehrere hunderttausend Euro überwiesen, die allesamt zum Erhalt des Welterbes beitragen. Großes Potential zur Entzerrung bietet auch die enge Tourismuskooperation mit dem Landkreis Bamberg seit 2010, die zu einem Zusammenwachsen der touristischen Angebote von Stadt und Land geführt hat.

Die Kennzahl der Tourismusintensität (Übernachtungszahlen pro Einwohner) sieht Bamberg weit entfernt von touristischen Hotspots wie Dubrovnik, Venedig oder Amsterdam und eher auf Augenhöhe mit München, Hamburg oder Berlin. Ein Kipppunkt lässt sich daher schwer definieren. Die reinen Zahlen, so die wissenschaftliche Betrachtung, geben das nicht her. Das Problem in Bamberg ist das kleine und kleinteilige Kernareal, das von Gästen bevorzugt besucht wird und in großen Teilen mit den Grenzen des Welterbes übereinstimmt und auf eine ebenso kleinteilige Wohn- und Lebensstruktur der einheimischen Bevölkerung trifft. Dieses Areal wird nun einmal von allen Menschen gerne genutzt, von Einheimischen, wie auch von Bewohnerinnen und Bewohnern des Umlands, von Studierenden, von Tagesbesucherinnen oder auch von Geschäftsreisenden und den Mitarbeitenden der neu hinzugekommenen Firmen, die sich in Bamberg angesiedelt haben. Es ist also ein generelles Overcrowding des öffentlichen Raums, eher als nur Overtourism, und es ist tageszeitlich, saisonal und örtlich begrenzt. Dennoch: hier gilt es, weiter genau hinzuschauen und die oben genannten Maßnahmen zu verstärken und neue Maßnahmen umzusetzen, die versuchen, lenkend einzugreifen, damit der Tourismus seinen Teil dazu beiträgt, Overcrowding einzudämmen.  

Maßnahmen etwa wie das Eintrittsgeld, welches Venedig derzeit einführt, wären extrem schwer umzusetzen in einer Stadt mit freiem Zugang aus allen Richtungen, aus sozialpolitischen und ethischen Gründen auch höchst fragwürdig, mal abgesehen von einer in Frage zu stellenden Wirksamkeit. Aktuell wird vor Gericht ausgefochten, ob es auch in Bayern zukünftig eine Bettensteuer geben darf. Eventuell wird dies für Bamberg interessant und könnte in der Folge Maßnahmen zur Verträglichkeitsgestaltung mitfinanzieren.

Der TKS formuliert derzeit eine neue Vision für den Tourismus in Bamberg und im Bamberger Land im Rahmen der bayernweiten Kampagne zu „Nachhaltigem Tourismus“. 2024 wollen wir diese Vision mit vielen Interessengruppen in Stadt und Land diskutieren. Die Verträglichkeit touristischer Angebote wird dabei eine große Rolle spielen.

Denn wir wollen alle einen verträglichen Tourismus, der niemanden überfordert und niemanden so stark beeinträchtigt, dass er oder sie sich nicht mehr wohlfühlt in der eigenen Stadt. Wir müssen uns der negativen Auswirkungen bewusst sein und im Rahmen unserer Möglichkeiten etwas dagegen tun. Vor allem müssen wir solchen Menschen die Tür zumachen, die Anstand, Respekt, Toleranz und Rücksichtnahme vermissen lassen. Gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklungen der letzten Jahre in Sachen Alkohol oder auch im Umgang miteinander lassen sich auch in Bamberg feststellen, sind aber kein spezifisches Phänomen nur in Bamberg oder nur von Besuchenden.  

Ich betone es noch einmal: Ich bin davon überzeugt, dass der Tourismus Bamberg gut tut. Die Begegnung mit unseren Gästen aus aller Welt ist etwas Positives und Bereicherndes. Für uns alle! 

Als Literaturtipp: Die Themen-Magazine von Bayern Tourismus

Spannungsfeld Flusskreuzfahrer

Flusskreuzfahrt-SchiffReedereien, Interessensverbände, Gästeführer, Tourismusexperten und Reiseveranstalter haben diese Woche in Bamberg an einem Tisch gesessen und Lösungsansätze diskutiert, um die konfliktbehafteten Felder des Flusskreuzfahrttourismus in Bamberg zu entschärfen. Es ist sicherlich nur der Beginn eines längeren Prozesses, aber ein sehr wichtiger Schritt, allen Beteiligten die Situation im sensiblen Altstadtbereich der Welterbestadt darzulegen.
Im Rahmen dieser Sitzung wurden die Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt, die Jörg Hentschel als Masterarbeit an der HTW Chur eigereicht hat. Diese Studie beleuchtet zum einen den Wirtschaftsfaktor, den der Flusskreuzfahrttourismus in Franken hat, zum anderen die Haltung der lokalen Bevölkerung gegenüber diesem Tourismussektor. Einige wesentliche Ergebnisse für Bamberg haben wir in einem pdf zusammengefasst und stellen sie hier als Hintergrundwissen für die weitere Diskussion gerne zur Verfügung.
Präsentation Masterarbeit Flusskreuzfahrten